Was ist eigentlich Rassismus?

So das Thema in der letzten Politischen Runde der VHS am 21.11.  Die Berliner Psychologin und Sozialwissenschaftlerin Prof. Birgit Rommelspacher gab in kompakten 90 Minuten Antwort auf die Frage und spitzte ihre Erkenntnisse in das zahlreiche Publikum durchaus irritierenden Thesen zu. Sie fasst Rassismus stets „als gesellschaftliches Verhältnis“ und nicht als individuellen Defekt. Als besonders auffällig beschreibt sie die gegenwärtig laufende „Rassifizierung des Islams“. Gleichwohl irritiert der Befund, dass der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft weit verbreitet sei. 83% der Gesellschaft verbinden Islam mit Begriffen wie „Fanatismus“ und „Unterdrückung“ während 80% das Christentum mit „Nächstenliebe“ gleichsetzen. Rommelspacher stellt fest, dass durchaus ambivalente Einstellungen in ein und der selben Person nebeneinander existieren könnten. Ein „nicht intendierter Rassismus“ liegt auch dann vor, wenn etwa sich Menschen „in rassistische Diskurse“ verstricken, ohne wirklich ein rassistisches Gesamtkonzept zu verfolgen. Überfremdungssorge und Multikulturalität können dabei durchaus nebeneinander existieren. „Die Mitte muss solch innere Ambivalenzen aushalten.“ Rommelspacher benennt schließlich die Grundlagen einer dennoch gelingenden Integration am Beispiel ihre Beobachtungen zum Moscheebau in Duisburg-Marxloh. Dabei erweist sich insbesondere der Abbau von Feindbildern durch persönliche Begegnung und die Identifikation von gemeinsamen Interessen (friedliches Zusammenleben der Religionen & Kulturen, Aufwertung des Stadtteils) als besonders wirksam. In der anschließenden, intensiven Publikumsrunde ging es vor allem um Fragen nach den Erklärungsmustern für die aktuellen rechtsextremistischen Entwicklungen, über Fehlinterpretationen in Staat und Gesellschaft, insbesondere auch um den problematischen, geradezu reflexartig in der Öffentlichkeit herbei zitierten Vergleich einer „Gewalt von rechts und links“. Rommelspacher wertet letzteren als Defensivstrategie, in der durchaus latente Rassismen der gesellschaftlichen Mitte zum Ausdruck kämen. Empirisch haltbar seien solche Vergleiche nicht. Rommelspacher: Was ist Rassismus?