„Keine Frage der Paragraphen sondern der Herzen“

„Integration“ – ein Thema voller tief sitzender Ressentiments und Vorurteile, wie die unselige Sarrazin-Debatte gezeigt hat. Und darüber hinaus zumeist eindimensional diskutiert: Minderheiten sollen sich möglichst schnell in die Mehrheitsgesellschaften einfügen. Perspektivwechsel: Das deutsch-österreichische Ehepaar Louven. Aus Neugier und „Abenteuerlust“ ziehen die beiden in die Türkei, arbeiten dort für ein Reiseunternehmen und  machen vor Ort Integrationserfahrungen – andersherum. 10 Jahre als „Gastarbeiter in der Türkei“: Hans-Jürgen Louven hat ein Buch darüber geschrieben und berichtet darin über Alltagsleben Marke „Türkei“: von den gnadenlos überfüllten Bussen – und dem Touristen, der dem Fahrer statt „inecek var“ („Jemand will aussteigen.“) ein „inek var“ („Da vorne ist eine Kuh!“) zuruft. Oder von den Bewohnern einer Siedlung ohne eigene Zufahrt, die kurzerhand beschließen, ihre eigene Straße zu asphaltieren. Von türkischen Handwerkern und ihm als Auftraggeber, zuständig für die Vollverpflegung der gesamten Kolonne, Besorgung von Materialien inklusive. Auch das Verhältnis Mann/Frau ist „gewöhnungsbedürftig“: Renates Freundin Fatma muss ihren Ehemann regelmäßig um „Erlaubnis“ fragen, wenn sie ins Café will. Realitäten im Heimatland der „Gastarbeiter“. Ein solcher war Louven nicht, als er sich entschloss, in die Türkei zu gehen: besser vorbereitet als der „erste“ türkische Gastarbeiter hier in den 60ern und deutlich privilegierter. Integrationsprobleme? Habe es natürlich gegeben, so Louven. Auch Irritationen. Aber grundsätzlich hätte die türkische Nachbarschaft ihn und seine Familie in ihrer Mitte aufgenommen. Gut – sie waren auch die einzigen Ausländer weit und breit. Integration sei „keine Frage der Paragraphen sondern der Herzen“. Zurück in Deutschland –ausschlaggebend waren Frau und Tochter- fällt die Reintegration ins Heimatland schwerer als erwartet. Es fehlen die Intensität und Dichte der zwischenmenschlichen Kontakte und Begegnungen im Gastland Türkei. Ganz sicher, dieser interkulturelle Perspektivwechsel ist ausgesprochen subjektiv, aber authentisch erzählt und vor allem – mit Augenzwinkern. Schon dies allein tut jeder Integrationsdebatte gut.