„Ich bejahe diese Frage mit Ja“. – Zudeick in der Politischen Runde

Das Buch, um das es geht, trägt diesen unvergleichlich tiefgründigen Titel. Geliefert wurde er unfreiwillig von einem Politiker. Und zwar von keinem geringeren als Altkanzler Helmut Kohl. Ein Zitat also. Und: „Eine fundamental philosophische Einsicht.“ So meint der Autor, Peter Zudeick. Und der muss es wissen: schließlich ist er Philosoph und zwar ein promovierter. Ohne Cut & Paste. Der Mann kann gut aufpassen, auf das was Politiker sagen (und machen oder auch nicht machen.) Liegt vielleicht daran, dass er ganz früher einmal Polizist war. Polizist, Philosoph, dazu Journalist und Satiriker in Radiosendungen mit Kultstatus, gelegentlich Kabarettist: mehr geht nicht. Selbst in der Politischen Runde. Das Café Leo ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als Peter Zudeick loslegt, los liest – und zwar in atemberaubendem Tempo. Ein Parforce-Ritt durch die Geschichte aus dreißig Jahren Politiker-Putzigkeit. Und sie kommen alle vor, die Großmeister der Sprachverwirrung, die Unerreichbaren, die Götter der verquasten Rhetorik: F.J. Strauß („Besser ein kalter Krieger als ein warmer Bruder.“), H. Kohl (Ich bejahe die Frage mit ja.“),  A. Merkel („Deshalb heißt es Barrieren auch zu erniedrigen.”), F. Müntefering („Sie haben sich hier ein Nest ins Ei gelegt, das wird ihnen noch ein bisschen weh tun.”), E. Stoiber („Ich hab’s mir angewöhnt, dass ich jeden Tag in der Früh in den Garten schau und vielleicht eine Blume hinrichte.“). Ganze Berufsgruppen („die Juristen“) werden abgestraft, weil sie von Rechts wegen finden, „Dieter Bohlen sei Kunst“ und sie auch ansonsten „nicht viel vom Leben mitbekämen.“ Auf den ersten Blick ist Zudeicks Technik einfach. Genau zuhören, was Politiker so vom Stapel lassen und dann alles rauslassen, was in den Sprechblasen drin ist: viel heiße Luft. Peter Zudeick hat über Ernst Bloch promoviert und in den 80er Jahren eine viel beachtete Biografie über den Denker „des aufrechten Gangs“ geschrieben („Der Hintern des Teufels.“) Auch heute gäbe es gute Gründe, sich wieder mit dem Philosophen des „Prinzips Hoffnung“ zu beschäftigen. Tschüss, ihr da oben. Vom baldigen Ende des Kapitalismus“. Eine weniger spaßige Publikation der letzten Jahre setzt vieles davon um. Dass das keine Wachturm-Prognose nach Art der Zeugen Jehovas ist, sondern Zudeicks auch philosophisch sehr begründete Überzeugung, wird im Gespräch schnell deutlich. Große Hoffnungen setzt er in eine deutlich konstatierbare „neue außerparlamentarische Opposition.“ Bloch hätte heute seine Freude daran. Zurück zu den Glossen „Marke Zudeick“. Sie leben von Fundstücken, von Politiker-O-Tönen: Sprechblasen sammeln und heiße Luft rauslassen. („Auf die kleinen Dinge achten, in denen so viel Großes steckt.“) Das aber ist die Kunst des genauen Zuhörens und gar nicht so einfach. Peter Zudeick beherrscht sie. „Die Politiker sind Sprach- und Sprechkünstler. Eigentlich verdienen sie Lob und keinen Spott.“

Zugabe? Keine Frage, dass das Publikum die Frage mit ja bejaht.