Wenn „Störenfriede“ –beim Wort genommen- Menschen sind, die „friedlich stören“, d.h. sich konstruktiv in herrschende Verhältnisse einmischen, dann ist er einer: Dr. Christoph Humburg, seines Zeichens „Chef“ der Caritas und Vorsitzender der Wohlfahrtverbände Solingen und Wuppertal. Gefragt wurde er in der Politischen Runde nach der Zukunft der „Sozialen Stadt“ Wuppertal und den Perspektiven kommunaler Daseinsvorsorge, jener Errungenschaft des späten 19. Jahrhunderts, auf die die bürgerliche Gesellschaft so sehr stolz ist. Seine Antwort ist kurz und präzise. Wir brauchen einen geregelten „Zweiten Arbeitsmarkt“, um das Problem der sich verfestigenden Dauerarbeitslosigkeit zu lösen. Gemeint sind Menschen, die aufgrund ihrer andauernden Arbeitslosigkeit und einem Bündel anderer Probleme nicht ohne weiteres in den Ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Integration durch Arbeit, der Denkansatz ist nicht neu. Ebenso die Einsicht, dass Prävention allemal günstiger für die Gesamtgesellschaft kommt als anhaltende soziale Schieflagen. Allein die politischen Konsequenzen daraus zu ziehen, will offenbar nicht gelingen – weder im Bund noch in der Kommune. Die Härte der Kritik trifft die sogenannte „Instrumentenreform“, mit der der Bund 80% der Integrationsmittel für Langzeitarbeitslose gestrichen hat: das Ende für zahllose ebenso gut gemeinte wie erfolgreiche Maßnahmen und Projekte. Die kommunale Haushaltsschieflage setze zudem den Rotstift auf die lokale Tagesordnung. Das ginge auch anders, wie sich jetzt zaghaft in Solingen abzeichne, so Humburg. Grundsätzlich, so der „Lobbyist der Unterprivilegierten“, sei es das Gebot einer humanen Gesellschaftskultur, Arbeit (und davon gibt es genug) nicht nur zu entlohnen sondern auch wert zuschätzen. „Arbeitsmarktferne müssen zurückgeholt werden.“ Die soziale Infrastruktur der Stadt dürfe nicht weiter ausgehöhlt werden. Was denn passiere, wenn die Integrationspolitik trotzdem faktisch abgeschafft würde, will die Moderatorin Michaela Heiser wissen. Dann drohen im schlimmsten Falle Szenarien sozialer und kultureller Desintegration, wie man sie etwa aus den Pariser Vorstädten kennt, soziale Tumulte inklusive. Dagegen fordert Humburg eine „Reform der Reform“: Beschäftigungsmöglichkeiten (zweiter Arbeitsmarkt) schaffen und dafür das Geld nutzen, das bereits im „System“ ist. Natürlich sei eine „Anschubfinanzierung“ dabei obligatorisch, aber: langfristig rechnet sich Prävention immer. Und was ist klüger, als „Arbeit“ zu finanzieren statt „(Dauer)Arbeitslosigkeit. Gesucht wird der politische Wille.