„Der Feuertod undeutscher Bücher“ am Brausenwerth 1933

Die Werke von Armin T. Wegner und Else Lasker Schüler zählten vermutlich nicht zum Bestand der Schulbibliotheken Wuppertaler Gymnasien, mit denen aufgeputschte Schüler und Lehrer am 1. April 1933 ritualisierte Bücherverbrennungen am Barmer Rathausplatz und am Elberfelder Brausenwerth inszenierten und damit den reichsweiten Bücherverbrennungen in deutschen Universitätsstädten vorgriffen.  Michael Okroy, Literaturwissenschaftler und wiss. Mitarbeiter der Begegnungsstätte Alte Synagoge, berichtete in der Politischen Runde über ein Kapitel Wuppertaler Stadtgeschichte, das auf eine ganz andere Weise in den Kontext einer „Geschichte der Moderne“ gehört und seinen „Tatort“ am Brausenwerther Platz am Elberfelder Döppersberg hatte.  

Solche inszenierten Schülerkundgebungen nahmen zwar die kommenden Ereignisse vom 10. Mai 1933 mit den studentischen Aktionen „wider dem undeutschen Geist“ in gewisser Weise vorweg, waren aber eher durchaus  geschickt inszenierte Spektakel, welche die „nationale Aufbruchsstimmung“ der Jugend und die Begeisterung für die NS-Politik an den Wuppertaler Oberschulen zum Ausdruck bringen sollten. Im Vergleich zu den staatlich gelenkten und organisierten Aktionen im Mai waren diese Ereignisse jedoch eher von bescheidener Bedeutung. Organisiert wurden die Schüleraufmärsche der Wuppertaler höheren Schulen von der Oberrealschule Nord (heute Helmholz-Realschule). Dafür fand die Bergisch Märkische Zeitung vom 2.April 1933 die Schlagzeile „Der Feuertod undeutscher Bücher“ passend. Zeitgleich verbrannten die Schüler Bücher pazifistischer und demokratischer Autoren wie Feuchtwanger, Toller, Tucholsky, Zweig und anderer. Diese frühe Manifestation wirft eine Reihe von Fragezeichen auf. Nicht zuletzt, warum sie gerade in einer Stadt wie Wuppertal stattfanden. Zugleich werfen sie ein bezeichnendes Licht auf die mentale Situation an den Wuppertaler Oberschulen, wo sich antidemokratisch nationalistisches Denken mit anti-intellektueller und antisemitischer Haltung vermischten: eine Melange, an die NS-Ideologie leicht anknüpfen konnte. Trotz einer später hohen HJ-Organisation von 90% an Wuppertaler Oberschulen, lässt sich ein direkter Einfluss von HJ oder NS-Lehrerbund auf die Ereignisse nicht aus den Quellen belegen. Die ritualisierten Bücherverbrennungen der Schüler knüpften geschickt an die Feierlichkeiten zum bevorstehen Schuljahresende an und nahmen in gewisser Weise die künftig an den Schulen exzessiv gepflegte NS-Festkultur vorweg. Wesentlich unspektakulärer dafür umso wirkungsvoller als die Bücherverbrennungen waren die „Säuberungen“ von Bibliotheken und öffentlichen Büchereien. Ihnen zu Grunde lagen sogenannte „Schwarze Listen“, auf denen das gesamte unerwünschte Schriftgut zusammengefasst war. Insgesamt tauchten 134 Autorennamen auf den Listen des Reichspropagandaministeriums auf, die aus den Bibliotheken entfernt wurden. Dies waren insbesondere jüdische Schriftsteller und „politisch, kulturell und moralisch zersetzende Werke“. Diese „Säuberungsaktionen“ in den Büchereien wurden von den Nazis zynischer Weise als „geistiger Hausputz“ bezeichnet.  

Mit Okroys Vortrag ist die Veranstaltungsreihe „Geschichte trifft Moderne“ fast beendet: Am 24.2. beschließt Prof. Felix Huber mit seinen Reflexionen zur „Autogerechten Innenstadt der 60er Jahre“ den Themenzyklus zur historischen Stadtentwicklung, der bisher mehr als 600 Besucher in die VHS lockte.   Literaturhinweis: Okroy, Michael: Eine „herzerfrischende Kundgebung“ – Die Bücherverbrennungen in Wuppertal am 1.April 1933, in: Geschichte im Wuppertal, Jahrgang 2008, S.107 – 116  
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