Front National und der „Sieg des Kapitals“

Marine Le Pen’s Siegestour in Frankreich hat viel mit Merkels Niedriglohn-Politik zu tun. La France „wird gegen die Wand gedrückt.“ – Ulrike Herrmann (taz) in der Politischen Runde am 26.5.

Weitere O-Töne:

Geschichte: „In seiner heutigen Form ist der Kapitalismus genau hundert Jahre alt. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg war er ausgereift, und es hatten sich jene Kernelemente herausgeschält, die unser Wirtschaftssystem noch heute prägen: Wenige Großkonzerne beherrschen den Markt, und sie agieren global. Diese Unternehmen verlassen sich zudem darauf, dass derStaat stützend eingreift.“

Geld: „Geld ist ein Rätsel.“„Geld entsteht aus dem nichts.“„Geld ist, was als Geld akzeptiert wird.“ (…) „Geld ist so viel wert, wie man dafür an realen Produkten kaufen kann.“ (…) „Geld ist symbolisierte Zeit.“ (…) „Geld ist nicht gleich Kapital.“ (…) „Geld ist uralt, Kapital ist jung.“ (…) „Das Kapital im Kapitalismus ist nicht das Geld , sondern es sind die effizienten Produktionsprozesse und der technische Fortschritt.“ (…) Es geht um den einsatz von Kapital, um hinterher noch mehr Kapital zu besitzen.“  „Das Tragische ist natürlich, dass diese linken Kapitalismuskritiker letztlich den gleichen Fehler machen wie die Investmentbanker. Denn auch die Investmentbanker denken ja, das Geld sei zentral und ihre komischen Produkte, die sie da immer erfinden, würden irgendwie das Wachstum ankurbeln, das ist Quatsch. (…) „Investmentbanker glauben, sie schaffen durch ihre Finanzprodukte Reichtum. Das ist falsch.“

Markt: Es gibt keine ‚freie‘ und/oder soziale Marktwirtschaft. Der Begriff hört sich nur „schön kuschelig“ an. Wir leben im Kapitalismus. Und: „Kapitalismus ist private Planwirtschaft der Großkonzerne“ (…) „Der Markt ist eine Spielwiese für die Kleinen. Dominiert wird die Wirtschaft von wenigen Konzernen, die große Teile des Umsatzes kontrollieren.“ (…) „Die Marktwirtschaft erinnert an den Scheinriesen Herr Turtur aus Jim Knopf.“

Staat: „Ohne Staatsintervention kein funktionierender Kapitalismus“ (…) . „Finanzmärkte könnten ohne Staat überhaupt nicht existiere.“ Banken entstanden historisch, um öffentliche schulden zu verwalten.

Reallöhne: „Investitionen lohnen sich aber nur, wenn Löhne hoch sind und steigen. Mit Ausbeutung, Lohndumping und Niedriglohnpolitik erreicht man kein Wachstum.“ (…) „Der Kapitalismus ist ein System des Massenkonsums. Das bringt nichts, wenn man ein Prozent Reiche hat, die sich alles leisten können, sondern Produktivität lebt ja davon, dass man mit Maschinen immer mehr Güter herstellen kann.“ (…) „Und wenn man diesen Massenkonsum abwürgt, indem man eben niedrige Löhne zahlt, dann würgt man eben auch den Kapitalismus und das Wachstum ab und gleichzeitig pumpt sich darüber eine riesige Vermögensblase auf und das ist natürlich ein ganz sicherer Weg in den Abgrund.“

Inflation: „Eine moderate Inflation ist also nötig, um ein kapitalistisches System zu steuern – nur wie erzeugt man sie?“ (…) „Solange die Löhne mit den Preisen mithalten, ist es letztlich gleichgültig, ob ein Ei heute viermal mehr kostet als vor 50 Jahren.“  

Globalisierung:„Neu ist also nicht die Globalisierung – neu ist nur, dass sie als neoliberales Argument missbraucht wurde, um die Löhne zu drücken, die Steuern für die Unternehmen zu senken und die Finanzmärkte zu deregulieren. Aber dies waren keine Sachzwänge, sondern politische Entscheidungen, die ab 1980 einsetzten und die sich wieder korrigieren lassen.“

Finanzkrise: „Wenn der Geldkreislauf stockt, werden die Banken mit Geld geflutet. Sobald sich die Panik beruhigt hat, wird dieses Geld wieder eingesammelt, indem die Notkredite auslaufen. Die Banken zahlen an die Zentralbank einfach zurück, was sie sich während der Panik geliehen haben. Das war’s schon.“

Lösung der Bankenkrise: „Die Banken retten, sie verstaatlichen – und dann die Profiteure zur Kasse zu bitten, indem man die Steuern für die Vermögenden erhöht.“

Schuldenerlass: „Ein Erlassjahr wäre jedoch unmöglich, weil nicht nur die Schulden gestrichen würden – auch die entsprechenden Geldvermögen wären verschwunden. Die Wirtschaft würde sofort zusammenbrechen, und im allgemeinen Chaos würden nicht nur die Reichen verlieren, sondern auch die Armen ihren Arbeitsplatz und ihren Lohn.“ Eurokrise: „Genaugenommen gäbe es nur einen einzigen Kostenpunkt: Man muss ein Konjunkturpaket für den Süden auflegen. Griechenland, Portugal und Spanien benötigen Hilfe, um Arbeitslosigkeit, Armut und Hoffnungslosigkeit zu bekämpfen. Diese Unterstützung könnte sich die Eurozone mühelos leisten. Der Rest der Rettung wäre umsonst zu haben.“

Perspektiven: „Es wird sich ein neues System herausbilden, das heute noch nicht zu erkennen ist. Aber es wird seine Zeitgenossen genauso überraschen, wie es der Kapitalismus tat, als er 1760 im Nordwesten Englands entstand. Niemand hat ihn erwartet, niemand hat ihn geplant – und trotzdem gibt es ihn. Es gehört zu den faszinierenden Eigenschaften des Menschen, dass er seine eigenen Kulturleistungen weder vorhersieht noch gänzlich versteht. Wo der Mensch ist, ist das Ende offen.“