„Blutspur in Hellas“

Bis heute verdrängt man in Deutschland, was den Griechen im Zweiten Weltkrieg angetan worden ist: Besetzung, Massaker, Ausbeutung. Bis heute weist die schwarz-rote Bundesregierung -wie alle Regierungen zuvor- jegliche Forderungen auf finanziellen Schadensersatz zurück. Schuld ohne Sühne, wie es der Historiker Hagen Fleischer einmal formulierte.

Er war einer der wenigen deutschen Historiker, die sich bisher überhaupt mit den Kriegsverbrechen der Deutschen in Griechenland befassten. Ebenso wie der Berliner Journalist Eberhard Rondholz, der jetzt gemeinsam mit dem Wuppertaler Rechtsanwalt Dr. Anestis Nessou zu Gast in der Politischen Runde war. Nessou ist Autor einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie über die juristischen Aspekte einer Frage nach der Verpflichtung der Bundesrepublik zur Entschädigung an die griechische Zivilbevölkerung und an den Staat. Seine zentrale These: Das Thema Wiedergutmachung gehört unbedingt vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Ob eine griechische Regierung den dazu nötigen Mut aufbringen wird, dem geradezu erpresserischen ökonomischen Druck trotzen wird und die Unterwürfigkeit der Athener Nachkriegsregierungen (Hagen Fleischer) bei Seite schieben wird, sei eine offene Frage. Und ob eine Entschädigungszahlung, die von griechischer Seite auf zwischen 269 und 332 Milliarden Euro beziffert wird, überhaupt realistisch erscheint, ebenso.
Unbestreitbar aber ist das Leid, das deutsche Soldaten in blutrünstigen und brutalen Massakern über Männer, Frauen und Kinder in den griechischen Dörfern Distomo, Klissura, Kommeno, Kalavryta und auf der Insel Kreta gebracht haben. Rondholz zitierte die verstörenden Fakten eines regelrechten Blutrausches aus einschlägigen historischen Quellen. Die wenigsten Verantwortlichen dafür sind nach dem Krieg jemals zur Rechenschaft gezogen worden oder kamen nach wenigen Monaten bereits wieder aus der Haft frei, um in der Bundeswehr nach 1951 wieder Karriere zu machen.
„Es hatte seit Wiederaufnahme der Beziehungen zu Athen zu den wichtigsten Zielen der bundesdeutschen Diplomatie gehört, hier baldmöglichst eine  ‚Endlösung des Kriegsverbrecherproblems‘  (sic!) herbeizuführen (…)“ (Rondholz, der hier die Geschmacklosigkeit eines diplomatischen Schriftsatzes zitiert.)
Und wer die jüngsten pauschalen Verunglimpfungen der Griechen –nicht nur des Boulevards, sondern auch von Teilen des sogenannten Qualitätsjournalismus- als „faul und korrupt“ teilen möchte, dem sei gesagt, dass es genau dieses Stereotyp war, dass den Nazis dazu diente, sich moralisch von den Opfern ihrer Massaker zu distanzieren. So bezeichnete der Kommandeur der 117. Jägerdivision, Generalmajor Karl von Le Suire, die Griechen als ein „Sauvolk“ und  nennt Griechenland das „Land der Nichtstuer, Schieber und Korrupteure.

Ein verstörender Abend in der Politischen Runde vor einem auffällig zahlreichen Publikum. Die Menschen haben verstanden. Das Thema gehört auf die Tagesordnung.

Eberhard Rondholz: „Blutspur in Hellas“