„Definitiv,“ sagt Till van Treeck, Prof. für Sozialökonomie von der Universität Duisburg/Essen in der Politischen Runde. „Zuviel soziale Ungleichheit ist ökonomisch ineffizient.“ Genauer: Zu hohe Gewinne des Unternehmenssektors (gegenüber den Haushalten) sind unproduktiv. Darüber hinaus habe das deutsche Exportmodell massiv zur Instabilität der Eurozone beigetragen. Die exzessive Exportstrategie bei stagnierenden Reallöhnen wird selbst von J.C. Juncker und Chr. Lagarde kritisiert. Deutsche Exportüberschüsse und Niedriglohnpolitik – zentrale Beiträge zu den strukturellen Ursachen der Instabilität der Eurozone seit 2007/08.
Till van Treeck klingt wie die deutsche Variation auf Thomas Piketty („Das Kapital im 21. Jahrhundert“). Er argumentiert rein quantitativ, lässt jede moralische Wertung beiseite. Ja, soziale Ungleichheit sei ökonomisch ineffizient. Volkswirtschaftlich dumm.
Als denkbare Ansätze zur Regulierung empfiehlt er die „klassischen“ Instrumente: Steuerpolitik, Wiederanhebung des Spitzensteuersatzes sowie der Kapitalsteuer (jetzt 25%) sowie Körperschaftssteuer (jetzt 15%), deren Absenkung zu massiven Entlastungen geführt hat; die Einführung der Vermögensteuer/Erbschaftssteuer – also konsequente Umverteilung zur Bekämpfung des Anstiegs der Armutsquote, den er bei 63% sieht.
Daneben empfiehlt van Treeck die direkte Beeinflussung des Marktgeschehens selbst, z.B. des Arbeitsmarktes, z.B. durch eine Stärkung der Flächentarifverträge. Wie gesagt: Klassische Instrumente.
Aber wenn „klassisch“ – warum das nicht gemacht werde, will das Publikum wissen. Schließlich sei der politische Schaden gerade jetzt (Flüchtlingsdebatte, Entsolidarisierung) besonders groß.
Van Treeck kann sich das nur durch die Dominanz weltanschaulicher Hegemonien und scheinbar „unsterblicher Denkstrukturen“ erklären: Soziale Gerechtigkeit sei zwar wünschenswert aber ökonomisch halt nicht möglich. Nicht hinterfragbare Allgemeinplätze. Sie wirken noch immer im herrschenden Diskurs.