Volles Haus beim Themenabend „Menschen in Bewegung. Geschichte der Migration im Europa des 19. & 20. Jahrhunderts“
mit Detlef Vonde.
Ein historisch argumentierender Beitrag zur Versachlichung einer überhitzten Debatte.
10 Thesen:
- Mobilität ist kein neues Phänomen; es ist so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst. Mobilität war Alltag und kein Ausnahmezustand, der heute als Notlage interpretiert wird.
- Der moderne Migrations- und Grenzdiskurs ist ein Produkt des späten 19. Jhds.
- Die Industrialisierung der Verkehrsmittel (Eisenbahn / Dampfschifffahrt): Migration wird zum Massenphänomen.
- Wanderungsmotive: Wirtschaftliche Not und/oder Verfolgung.
- Mobilität war/ist ein globales Phänomen.
- Ein exklusiver Fokus auf Europa ist irreführend: Ende 2014 lebten weltweit mehr als 60 Mio. Menschen auf der Flucht. Diejenigen, die in Europa ankommen, sind nur ein winziger Teil der globalen Fluchtbewegungen.
- Mobilitätsformen sind keine Naturereignisse („Wellen“, „Ströme“, „Fluten“), sondern haben historisch strukturelle Ursachen.
- Migration wurde Ende des 19. Jhds. nationalisiert, d.h. Staatsgrenzen wurden befestigt und aufgerüstet. Abgrenzungspolitik/Einreisekriterien waren selten eine Reaktion auf große Zahlen. Forderungen nach Abschottung waren eingelassen in die rassistische Ordnung der Zeit.
- Selten waren Gesellschaften von Einwanderung und Migration einfach „überfordert“. In der Regel wichen Skepsis und Katastrophenszenarien schon bald einer Alltagsnormalität, in der sich Gesellschaften aber auch veränderten.
- Mobilität ist Teil der Logik geopolitischer Interessen, der kapitalistischen Wirtschaftsordnung sowie der (rassistischen) Deutungsmuster in der postkolonialen Welt.