„In einem Jahr ist Trump Geschichte.“

Trump & die Frage nach der Weltsicherheit. Andreas Zumach  (Genf) im Gespräch
Liegt es am Thema oder liegt es am Genfer UN-Korrespondenten Andreas Zumach, der jetzt zum 7. Mal in der Politischen Runde zu Gast war? Die Runde ist bis auf den letzten Platz besetzt. Das bedeutet mehr als 100 verkaufte Karten und einen vollen Saal.

Andreas Zumach (Journalist der TAZ) reist eher ungewöhnlich an: Mit dem Liegerad über die „Balkantrasse“ nach Wuppertal. Und der Auftakt hat es in sich. „Wir sprechen heute über Trump.“ – „Wie? Ist der noch im Amt?“ Dann schiebt er zwei Prognosen hinterher und das Publikum ist wach: „Nächstes Jahr um diese Zeit ist er es nicht mehr. Amtsenthebung.“ Und: „Dafür aber wird Marine Le Pen französische Präsidentin.“ Unruhe im Saal. Nein, für Zumach war die Wahl Trumps keine Überraschung. Diese und die populistischen Fliehkräfte auch in Europa sind für den Journalisten Ergebnis von zwei Jahrzehnten Neoliberalismus und der Tatsache, dass die Schere zwischen Arm und Reich weltweit immer weiter auseinander klafft, in allen Staaten (außer in Schweden). Der rechtspopulistische Schwenk sei die Reaktion darauf.
In den USA hatte das Trump-Lager sehr gut mobilisiert. 65 Mio hätten sich bis wenige Tage vor der Wahl noch nicht registrieren lassen. Diese habe die Trump-Administration erreicht. Das Land sei ziemlich genau in der Mitte gespalten. Und die Wähler? Weiße Mitteschicht. Bei jungen Frauen erhält Trump wenig Stimmen. Bei älteren weißen Frauen allerdings bis zu 60%.


Zumach registriert einen tief sitzenden Rassismus in der US-Gesellschaft. Die Reformbedürftigkeit wurde von Obama erkannt, aber der hatte gegen die ideologische Mehrheit der Republikaner im Weißen Haus keine Chance. („Betriebsunfall korrigieren, den Nigger endgültig vertreiben.“) Zur Prognose des kurzen politischen Überlebens von D.T.:  Die Stimmung werde schon in Kürze  kippen wg. zu erwartenden wirtschaftlicher Misserfolge auf ganzer Linie.
1. Der Widerspruch: Die Wahlkampfreden vom sog. „Hauptfeind China“. und die Ankündigung eines Handelskrieges. Was macht er kurz nach Amtsantritt? Kündigung der transpazifischen Freihandelszone. Das lässt in China die Sektkorken knallen. Es entsteht die weltweit größte Freihandelszone vor der Haustür der USA – ohne die USA!
2. Die Abschottungspolitik wird ökonomische Folgen nach innen haben: Massiver Verlust von Arbeitsplätzen etwa in der Automobilindustrie. Und überhaupt: Die Verflochtenheit der Weltwirtschaft lässt solche Strategien überhaupt nicht zu.
3. Das Wahlkampf-Versprechen, die durch und durch marode Infrastruktur zu modernisieren: Kaputte Straßen Brücken etc. mit der Folge des zunehmenden Verlustes der Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen kapitalistischen Staaten. Der Investitionsbedarf dafür sei enorm, die Finanzierung hingegen unklar. Das letzte nennenswert erfolgreiche  US-Investitionsprogramm unter Roosevelt sei über drastische Steuererhöhungen gelaufen. Trump dagegen versprach Steuersenkungen. Das passe nicht zusammen. In Summa werden diese Faktoren zu massiven Enttäuschungen und zu Trumps Scheitern führen.

Welche außenpolitischen Szenarien werden sich ergeben?
Schon im Wahlkampf wurden reichlich Widersprüche formuliert. Vorsicht also bei Prognosen! Ausnahme Nahost. Dort gibt es großen Anlass zur Sorge, so Zumach.  Alle zentral außenpolitisch wirksamen aktuellen Amtsinhaber seien ausgesprochene „Iran-Hasser“. Das heißt: Neue Sanktionen gegen Iran werden gefordert. Militärische Aktionen werden dabei explizit nicht ausgeschlossen. Sanktionen stärken wiederum die Hardliner in Teheran. Das Atomabkommen steht damit latent auf der Kippe. (Über)Reaktionen könnten schlimmstenfalls Auslöser für tatsächliche militärische Aktionen sein. Außerdem: Die Zweistaatenlösung im Israel/Palästinas-Konflikt wird in der Trump-Perspektive negativ bewertet. Das ermuntert die Netanjahu-Linie geradezu zu weiteren Siedlungsaktivitäten. In der Vermischung der Konflikte Iran und Israel/Palästina liege hohes Eskalationspotenzial. Dies sei das Gefährdungspotenzial für den Weltfrieden schlechthin.
Das Nuklearabkommen mit Iran sichere die nuklearmilitärische Abstinenz Irans für die kommenden 30 Jahre. Der Testversuch Irans sei dagegen schwer zu interpretieren. Mögl. als gezielte Provokation gegen den Hauptgegner in Nahost, gegen die Saudis.  Insgesamt sei die saudi-arabische (=sunnitische) und iranische (=schiitische) Konfrontation nur zu deeskalieren, wenn auf den Saudis Einfluss in der Region genommen werde: Der Westen wäre gut beraten, diese Eskalation zusammen mit Russland einzudämmen.

Aber ist ein gemeinsames Auftreten des Westens/Europas nicht aktuell eher illusionär? Zumach: „Was ist/war der Westen? Eine sehr brüchige, notdürftig kaschierte Allianz der fundamentalen Interessengegensätze.“ Die Fliehkräfte der rechtspopulistischen Entwicklung wirken in den Einzelländern im Innern. Eine Europäische Militärmacht sei keine Option. Vielmehr müsse sich der Westen endgültig damit anfreunden, dass die Zeit der transatlantischen Dominanz in der Welt allmählich zu Ende geht.
Und die Rolle Russlands? Gelegenheit mit Russland, „ein gemeinsames Haus Europa“ zu bauen wurde 1990 vertan. Das war ein „kapitaler Fehler“, eine  falsche Weichenstellung. Aus Sicht der Weltsicherheit gäbe es nur eine Lösung: Weg zu finden, Russland zu erlauben, eine der Größe des Landes angemessene Rolle in der Welt zu spielen, von zentraler Bedeutung.

Dafür aber dürfte die „Ära Trump“ zu kurz sein. Siehe oben.