Preußen, Barmen & Elberfeld

Preußen – welcher Staat hat es geschafft, mehr Mythen zu produzieren, mehr die Gemüter zu erhitzen? Was war er denn nun: Aufgeklärter und moderner Idealstaat in der deutschen Geschichte oder der antidemokratische, militaristische Despoten-Staat, der den NS indirekt mit vorbereitet hat? Die Wahrheit liegt in der Mitte, erklärte gestern Abend Prof. Wolfgang Wippermann, einer der bekanntesten und produktivsten deutschen Historiker, der ein Publikum zu fesseln versteht, wenn er mal eben am Beispiel von ausschweifenden Sex-Partys bei Hofe im Jagdschloss Grunewald erklärt, dass die angeblich so strenge bis verklemmte Sexualmoral im wilhelminischen Kaiserreich auch nur so ein Mythos war.  Preußen war ein zutiefst autoritärer und undemokratischer aber ebenso der Moderne zugewandter Staat – komplex und widersprüchlich. Und diese „Modernität“ Preußens wurde nicht zuletzt in den „Boomtowns“  und Modernisierungszentren des 19. Jahrhunderts, in Barmen und Elberfeld Grund gelegt. Spätestens da war das Publikum wach. Ein großer Historiker unterstreicht die welthistorische Bedeutung ihrer Stadt, die heute so sehr unter knappen Kassen und schlechtem Image zu leiden hat! Von einer Minute auf die nächste wird hier historische Identität wach geküsst. Solche Momente sind das Fluidum der Politischen Runde. Kein Wunder, dass am Ende viel geklatscht wurde.