„Derivate sind Massenvernichtungswaffen.“

Ein Satz nicht aus der Ecke der antikapitalistischen Systemkritik sondern vom amerikanischen Großinvestor und Unternehmer Warren Buffet. Stefan L. Eichner bringt das Zitat im Rahmen der „Politischen Runde aktuell – Die Finanzkrise verstehen“ (28.11.) entspannt über die Lippen. Seine Systembilanz, die die wesentlichen Ursachen der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise identifiziert, ist präzise und verständlich:

  • Einkommens- und Unternehmenskonzentration (ETH-Studie weist einen kleinen, eng verflochtenen Kern von Unternehmen unter den Global Playern aus, die die Weltwirtschaft dominieren. 10 der ersten 9 sind Finanzunternehmen)
  • Finanzmarktboom (Konzentration auf dem globalen Derivate-Markt; 5 US-Großbanken dominieren)
  • Finanz- und Realwirtschaft haben sich drastisch von einander entfernt.
  • Immer mehr Verlierer der Entwicklung. (z.B. 48,5 Mio. Essensmarkenempfänger in den USA)
  • wirtschaftliche Schwäche
  • systematische Krisenanfälligkeit
  • steigende Staatsverschuldung.

Haben wir eine funktionierende Marktwirtschaft? Eichners eher rhetorische Frage erhält eine eindeutig negative Antwort. Seine Ursachenforschung führt schließlich zu vorherrschenden ökonomischen „Mainstream-Theorien“, die noch immer neoliberalen Denkmustern folgen und nur die Realwirtschaft betreffen, den Finanzsektor aber weitgehend ausklammern. „Finanzmärkte dienen vor allem sich selbst.“ (Eichner) Und sie dominieren die Preis- und Wertentwicklung in der Realwirtschaft (Börse, Derivate). Nicht unschuldig an der Misere sind auch die privaten Haushalte: sie tragen ihr Geld weiter zu den Banken, die die Krise verursachten, schauen nur auf die Rendite, aber nicht darauf, wie diese zustande kommen. Bekämpft die aktuelle Politik die Krisenursachen oder die Symptome? Hier sieht Eichner eine Mixtur aus Hilflosigkeit, falschen ökonomischen Grundannahmen und fatalen Partnerschaften mit zentralen Global Playern (vgl. die hochspekulative Ausrichtung etwa der Deutschen Bank). „Marktwirtschaft ist das, was man daraus macht.“ Eichner empfiehlt die konsequenten Entflechtung der Finanzmärkte, die Zerschlagung der Großbankbanken und eine grundsätzliche Neuorientierung der Markttheorie. „Märkte sind nun einmal nicht prinzipiell selbstregulierend.“ Ob die politische Handlungsfähigkeit in der Sache aber überhaupt existiert und welche Neuordnungskonzepte zur Debatte stehen, das wäre eine andere Diskussion.